Throwback Thursday: Verbotene Konferenz
Vor 10 Jahren, am 27./28. Januar 2009, fand in Brüssel die erste (von zwei) großen Konferenzen der TICAP (Internationale Koalition gegen Prohibition) statt. Diese Organisation, im Vorjahr als Spitzenverband vor allem gegen Tabakbekämpfung gegründet, befand sich in ihrer Blütephase. (Damals) Aktive Gruppierungen wie FORCES International, seine italienischen und niederländischen Gliederungen, Netzwerk Rauchen aus Deutschland, Freedom2Choose aus Großbritannien, mehrere kanadische sowie dänische Vereinigungen und andere, kleinere, Vereinigungen hatten sich zusammengeschlossen und wollten die erste internationale Konferenz der unabhängigen Tabakprohibitionsgegner auf europäischem Boden abhalten.
Und warum nicht in der Höhle des EUropäischen Löwen, im Regulierungs- und Gängelungszentrum Brüssel? Zur Freude der Beteiligten erging eine Einladung seitens einer Fraktion im Europäischen Parlament, die Veranstaltung doch gleich in den Räumen der Quasi-Volksvertretung abzuhalten. Es handelte sich um die in der Wahlperiode bis 2009 bestehende Fraktion Unabhängigkeit und Demokratie (Ind/Dem) unter Vorsitz des Briten Nigel Farage, damals UKIP-Chef.
Die „Erste Weltkonferenz gegen Prohibition“ war schon fertig geplant, die Registrierung der Teilnehmer (aus Sicherheitsgründen mit Personalausweisnummer) bereits erfolgt, die Reisen waren gebucht – da grätschten die Antis dazwischen. Die EU-Institutionen als ihr Revier betrachtend, trachteten sie unter Federführung einer mit der Pharmaindustrie verbundenen Lobbyorganisation danach, uns die Nutzung der EP-Räumlichkeiten zu untersagen. Und das gelang ihnen: Eine Woche vor dem Termin entschied das Präsidium des Parlaments, die Konferenz in seinen Gebäuden zu verbieten. Dabei hatte man sich die Argumentation der Antis fast wörtlich zu eigen gemacht (Näheres siehe auf dieser Seite ganz unten). Die Veranstaltung würde die „Würde des Parlaments“ verletzen, hieß es anmaßend, und ihre Inhalte den einseitigen Mehrheitsentscheidungen gegen Tabakgenuss widersprechen, die die Institution gefällt hatte. TICAP und Ind/Dem waren empört, die Farage-Fraktion handelte dankenswerterweise aber schnell und kümmerte sich um Räume in einem Tagungshotel im politischen Brüssel, so dass die nun als ‚Verbotene Konferenz‘ apostrophierte Zusammenkunft zum geplanten Zeitpunkt stattfinden konnte.
Rund 100 Teilnehmer aus Großbritannien, Deutschland, den USA, Kanada, Dänemark, den Niederlanden, Belgien und anderen Ländern strömten – nun erst recht – zusammen. In verschiedenen Vorträgen und Diskussionen widmeten wir uns „Rauchverboten und Lügen“ – so der Untertitel der Weltkonferenz. Es ging also um den politischen Krieg gegen den Tabak, und seine pseudowissenschaftliche Unterbauung, insbesondere das Märchen vom gesundheitsschädlichen Passivrauch. Auch die Antiraucherlobby mit ihren Beziehungen zu einschlägigen Pharmakonzernen kam zur Sprache.
Eine ganze Reihe der Vorträge von Wissenschaftlern (wie Dr. Gio Gori per Aufzeichnung), Politikern (wie Godfrey Bloom MdEP) und Aktivisten (wie Gian Turci) sind nach wie vor in einer Playlist auf der Youtube-Seite von Netzwerk Rauchen zu finden. Da aus technischen Gründen am zweiten Tag nichts seitens der TICAP selbst aufgezeichnet werden konnte, ist leider u.a. die Rede von Nigel Farage MdEP nicht verfügbar.
Bedauerlicherweise ebenfalls nicht mehr online verfügbar sind zahlreiche Manuskripte zu Reden, auch solchen, die vor Ort nicht gehalten werden konnten, weil die betreffenden Wissenschaftler (deren Teilnahme die Antis vorher durch Druck verhindern wollten) verhindert waren (z.B. durch tatsächliche Krankheit). Das liegt an nicht mehr vorhandenen Archiven bei FORCES International. Eine Reihe der Texte liegen aber Netzwerk Rauchen vor und können auf Nachfrage zur Verfügung gestellt werden.
Die Konferenz war ein voller Erfolg: Aktivisten und Interessierte konnten sich persönlich kennenlernen und austauschen, in einigen Medien erschien Berichterstattung über die Veranstaltung (z.B. mehrere Artikel in deutschen Mainstream-Medien, teilweise positiv) und die aktive Phase der TICAP setzte sich fort, mit der Brüsseler Erklärung einer weiteren Konferenz (in Den Haag) im Folgefahr.
Den Abend zwischen den beiden Konferenztagen konnten die Teilnehmer übrigens in einer Brüsseler Gaststätte verbringen, in der geraucht wurden durfte (was 2009 in Belgien noch möglich war). Nach Konferenzende fand noch eine Führung durch das Brüsseler Gebäude des Europäischen Parlaments statt. Schade ist, dass unserer Bewegung seither kein echter Durchbruch gelungen. Da bleibt noch einiges zu tun.
Fotogalerien von der Konferenz: