Dampfen versus Rauchen?
Die „elektronische Zigarette” hat – wie nur wenigen bekannt – durchaus schon eine längere Geschichte. Sie wurde in den 1920er Jahren erfunden, erwies sich aber bis zum Jahr 2000 als kommerzielle Sackgasse. Auf dem europäischen und amerikanischen Markt wurden „E-Zigaretten” 2006/07 eingeführt, nachdem Jahrzehnte der Anti-Rauch-Maßnahmen und Anti-Tabak-Rhetorik Früchte getragen hatten. Angesichts hoher Tabaksteuern und einer zunehmenden Denormalisierung des Rauchens entwickelte sich das Dampfen zu einem Wirtschaftsfaktor.
Damit hatten die Tabakbekämpfer, berüchtigt für ihre Förderung von Pharmanikotin und ähnlicher Arzneimittel, sowie die Antiraucher im Allgemeinen, nicht gerechnet, und ihre erste Reaktion war der Aufschrei: „Dampfen sieht aus wie Rauchen, deshalb muss es verboten werden!” Oder: “E-Zigaretten sollten nur in Apotheken erhältlich sein, aber nicht auf dem freien Markt verkauft werden dürfen!” Dem gegenüber entwickelten andere Antiraucher eine gewisse Euphorie angesichts der Anzahl Raucher, die auf alleinige Nutzung von „E-Zigaretten” umgestiegen waren, und begannen, im Dampfen ein Mittel zur Raucherentwöhnung zu sehen.
Verbreitung und Regulierung des Dampfens sind von Land zu Land verschieden. Ebenso unterscheiden sich die Konsummuster und Meinungen. Manche Konsumenten sind „Doppel-Nutzer”, d.h. sowohl Raucher als auch Dampfer. Etliche Raucher scheinen am Dampfen desinteressiert zu sein. Manche Dampfer stufen sich als Nichtraucher ein, um sich bei den Antirauchern lieb Kind zu machen, derweil anderen Dampfern bewusst ist, dass ihnen eine Dämonisierung ähnlich der der Raucher droht, weshalb sie auf Seiten der Raucher kämpfen.
Nachstehend die Meinungen einiger unserer Autoren zum Thema Dampfen. Was meinen unsere Leser dazu?
Vor ein paar Jahren bekamen wir einen neuen Kunden, der E-Zigaretten des hier abgebildeten Typs verkaufen wollte. Mir als seinem Kundenbetreuer gab er ein Freiexemplar zum Testen. Ich hab’s eine Weile ausprobiert, dabei gleichzeitig aber weiter meine Zigarren geraucht. Den Geschmack fand ich zwar ganz Okay, für mich war es aber kein Ersatz für das „Richtige“. Mein Hauptärgernis bestand darin, dass eine E-Zigarette nicht „zu Ende” geraucht werden kann. Wenn man eine Zigarre oder Zigarette raucht, zündet man sie an, raucht sie und drückt sie dann aus. Eine E-Zigarette dampft man so lange weiter, wie man will, ohne die Befriedigung des Ausmachens zu haben, die meiner Meinung nach zum Genuss dazugehört. Ich habe die E-Zigarette während ein paar Flügen benutzt, hatte schließlich aber keine Lust mehr dazu. Ich kam zu dem Schluss, dass ich lieber nicht rauchen würde als zu dampfen.
Emily (Cambridge Citizens for Smokers’ Rights):
Dampfen spricht mich nicht an, weil Nikotin alleine mir nicht viel bringt. Vor Jahren habe ich mal probeweise Nikotinkaugummi gekaut, doch davon wurde mir schlecht. Ich gehe schon lange davon aus, dass es andere Substanzen im Tabak gibt, die zu meinem Wohlbefinden beitragen und die ich wirklich genieße, mal abgesehen von der beruhigenden Wirkung des Tabakrauchs als solchem. Ich nehme gerne schwedischen Snus, weil es echter Tabak ist. Ich habe versucht zu dampfen, obwohl das zugegebenermaßen Jahre her ist und die e-Zigaretten damals noch wie richtige Zigaretten aussahen. Ich empfand das Dampfen als nicht sehr befriedigend. Und heutzutage scheinen die meisten (nicht alle!) Dampfer Antiraucher zu sein. Im Großen und Ganzen haben diese Menschen sich die Lügen über die Schrecken des Rauchens zu Eigen gemacht, und lassen sich keine Gelegenheit entgehen, Tabakraucher schlecht zu machen. Das fällt allerdings auf sie zurück, denn das Dampfen ist auf dem Weg, ebenso dämonisiert zu werden wie der Tabak.
Ich würde nicht einmal im Taum etwas sagen oder tun, um Menschen eines wichtigen Teils ihres Lebens zu berauben, hier konkret des Dampfens. Und, ja, ich habe genug medizinische Berichte gelesen, um zu wissen, dass Dampfen für Erwachsene im Wesentlichen harmlos ist. Und ich habe genug alternative Berichte gelesen, die sich die üblichen Verdächtigen zurechtgereimt haben, um dort genauso nach Strich und Faden lügen, wie sie es beim Rauchen tun. Das dürfte Beweis genug dafür sein, dass das Dampfen etwas Positives ist. So weit, so klar.
Und trotzdem mag ich das Dampfen und die E-Zigarette nicht. Nennen Sie es einen Instinkt, übertriebenen Konservatismus oder wie auch immer – aber ich habe eine dunkle Vorahnung, dass mit diesem Upgrade des Naturprodukts (Tabakblätter) zu einer künstlichen, konzentrierten Form die Dinge auf eine schiefe Bahn geraten könnten. Falls sich irgendjemand daran erinnert: Die Welt hat bereits eine schreckliche Erfahrung in einer ähnlichen Situation gemacht. Ein globales Übereinkommen wurde ausgearbeitet, um Opium auszurotten, welches zu der Zeit (etwa 1920er Jahre) ein legales Produkt war. Und die Bemühungen waren erfolgreich, nur hat die Welt stattdessen eine Heroin-Epidemie bekommen. Zum Teil war dies Folge von Versuchen, Menschen des Opiums zu entwöhnen, indem man ihnen ein neues Produkt bot, welches die Opiumsucht wundersamerweise überwand. Gleiches Produkt, neue (konzentrierte) Form davon. Lernen wir jemals aus unseren Erfahrungen?
Ich persönlich ziehe es vor, echte Zigaretten zu rauchen. Aber ich finde, E-Zigaretten sind eine wunderbare Erfindung. Sie sind eine völlig neue Art zu rauchen, zusätzlich zu Zigaretten, Pfeifen und Zigarren. Als solche unterwandern sie herrlich subversiv den Spielverderberplan der Tabakbekämpfung, sämtliche Formen des Rauchens auszumerzen.
Es muss ein ziemlicher Schock für die Antiraucher gewesen sein, diese völlig neue Form des Rauchens zu entdecken, gerade als sie dachten, sie hätten das Rauchen dem Aussterben geweiht. Und ich denke, diese neuen E-Zigaretten werden sich in den kommenden Jahren zu allen möglichen unerwarteten und wunderbaren Formen weiterentwickeln. Und das passiert natürlich schon jetzt.
Vor ein paar Jahren kam ich zum ersten Mal mit Dampfern in Berührung. Damals meinte ich: „Dampfen ist wie Sex mit einer Gummipuppe, ich nehm lieber was Echtes!”. Einige Monate später hat mich das Thema dann doch näher interessiert, und ich habe mir Texte und Videos von Dampfern angesehen. Die Statements, die ich dort fand, waren fast alle im Tenor „Wir sind die Guten!”, „Rauchen ist Scheiße!”, „Raucher stinken, Dampfer nicht!”, oder „Dampfer sind die besseren Menschen” verfasst. Derartige Besserwisser kannte ich bereits – es waren die allseits missionierenden und sich über andere erhebenden Antiraucher. Mit solchen Menschen wollte ich nichts gemeinsam machen.
Einige Jahre später hat mir Jürgen Vollmer, ein Mitglied von Netzwerk Rauchen und, ich sag‘s jetzt einfach mal so direkt, guter Freund von mir, gesagt, er würde jetzt dampfen. Da ein paar Tage später bei uns der Aufzug gewartet wurde, ich zu Fuß in den fünften Stock laufen musste und oben doch etwas geschnauft habe, dachte ich mir, jetzt probier ich das mit dem Dampfen doch einmal. Ich hatte insofern Glück, dass ich einen Dampfershop in meiner Nähe gefunden hatte, dessen Besitzer mir eine einwandfreie Beratung angedeihen ließ, der jede noch so dumme Frage beantwortet hat und der gar nicht so überheblich war wie die Leute aus den Videos oder in den sozialen Netzwerken. Also hab ich meine erste Dampfe gekauft und war sofort begeistert. Seit diesem Tag habe ich keine Zigarette mehr geraucht, mag es aber trotzdem, in der Gesellschaft von Rauchern zu sein und ich habe nicht das Verlangen, wieder selbst zu rauchen.
Der einzige Nachteil durch das Dampfen besteht darin, dass ich nicht mehr regelmäßig nach Tschechien zum Zigarettenkaufen fahre, ansonsten mag ich die vielen verschiedenen Geschmacksrichtungen, die Möglichkeit, viel oder weniger Dampf zu produzieren und die vielen verschiedenen Geräte, von denen jedes seine speziellen Vorteile oder Nachteile hat. Ach ja, den Dampfern, die meinen, sie seien die besseren Menschen weil sie nicht mehr rauchen, blase ich gehörig den Marsch.
Netzwerk Rauchen: Positionspapier zu „E-Zigarette“/Dampfen, 2012 (Auszug)
„Der ideologische Fanatismus [der organisierten Tabakbekämpfung] ist mittlerweile so weit gediehen, dass selbst Handlungen, die dem Tabakrauchen optisch ähneln, als verdammungswürdig bekämpft werden. Seit rund 20 Jahren sind einige Pharma-Großkonzerne und die Tabakbekämpfung so eng miteinander verbandelt, dass man keine lästige, zusätzliche Konkurrenz für die eigenen Nikotinprodukte auf dem Markt dulden will. […]
Die „E-Zigarette“ stellt eine bessere Alternative zu den Pharma-Nikotinprodukten dar und kann diese von ihrer Wirksamkeit im Hinblick auf individuell gewünschtes Reduzieren des Tabakrauchens (bzw. Aufhören) weitestgehend ersetzen. Und sie muss nicht vortäuschen, nur temporär als Ausstiegshilfe zu fungieren. Sie kann hingegen keine Tabakprodukte ersetzen, da der Tabakgenuss weit mehr bedeutet als einen bloßen Nikotinkonsum, ähnlich wie die Liebhaber von Bier, Wein, Steak und Käse mehr sind als bloße Alkohol- oder Kalorien-„Junkies“.
[…]
Als Voraussetzung für eine Zusammenarbeit [mit Dampfern] gilt jedoch der Verzicht auf Antitabakmentalität und Antiraucherparolen auf Seiten möglicher Kooperationspartner.“
Vielen Dank für den interessanten Artikel. Jeder muss das selbst für sich entscheiden. Wenn einer rauchen mag, soll er rauchen. E-Zigaretten sind jetzt auch nicht besonders gesund.