Throwback Thursday: Rauch, Lügen und Joe Jackson
Joe Jackson, der seit über 40 Jahren weltweit erfolgreiche Musiker mit mehr als einem Dutzend Studioalben und Hits wie „Steppin’ Out“ oder „Is she really going out with him“, ist in unserer Bewegung auch als kritischer Geist bekannt. Er hat neben seinem künstlerischen Wirken immer wieder Tabakprohibition und Gesundheitswahn in Interviews und Artikeln gegeißelt.
Der Brite, der den Rauchverbotsgesetzen in New York und Großbritannien durch Umzug ins wilde Berlin entkommen war, übernahm 2007 die Schirmherrschaft über eine Netzwerk-Rauchen-Aktion. Im gleichen Jahr erschien sein Essay „Smoke, Lies and the Nanny State“, den Netzwerk Rauchen zeitnah ins Deutsche übersetzen ließ. Eine gewinnbringende Pflichtlektüre.
In der Vorbemerkung von „Rauch, Lügen und der Staat als Super-Nanny“ nennt er bereits das Ergebnis seiner umfangreichen Recherchen:
„Heute bin ich überzeugt, dass die Gefahren des Rauchens – und ganz besonders des „Passivrauchens“ – exzessiv übertrieben dargestellt werden. Die Gründe hierfür haben mehr mit Politik, Macht und Profit zu tun als mit objektiver Wissenschaft.“
Im ersten Teil beschäftigt sich Jackson mit den Risiken des Rauchens im Allgemeinen.
„Es ist inzwischen ‚allgemein bekannt und akzeptiert‘, dass Rauchen zu den schlimmsten Dingen gehört, die man sich antun kann. ‚Alle Experten sind sich einig‘. Klar, „alle Experten“ waren ja auch einst einhellig der Überzeugung, Selbstbefriedigung mache blind, Homosexualität sei eine Krankheit und Marihuanagenuss mache Leute zu Massenmördern. In den Siebzigern und Achtzigern sagten Ärzte in Großbritannien den Müttern, sie sollten ihre Babies zum Schlafen auf den Bauch legen. Die Fälle von plötzlichem Kindstod nahmen zu, bis diese Praxis durch den Kampf einer einzigen Kinderkrankenschwester beendet wurde. 15.000 Babys etwa, so weiß man heute, hatten mit ihrem Leben bezahlt.“
Da wäre noch zu ergänzen, dass die gleichen ‚Experten‘ den Plötzlichen Kindstod gerne dem Rauchen in die Schuhe schieben – zweifelhafterweise. Im Folgenden nennt der Autor einige „unbequeme Zahlen“, die den vielen Menschen eingetrichterten Glauben an die todbringende Wirkung des Tabakkonsums zu erschüttern vermögen.
Der zweite Teil des Essays handelt vom dem Passivrauchen. Bekanntlich ein (post)modernes Schauermärchen, oder wie Joe Jackson es nach Analyse der vermeintlichen wissenschaftlichen ‚Nachweise‘ formuliert:
„Wer all diese Studien nur genau genug liest, muss unweigerlich zu folgender Schlussfolgerung gelangen: Die Absicht ist keineswegs, die Allgemeinheit zu schützen, sondern Raucher zu stigmatisieren und das Rauchen als ‚sozial inakzeptabel‘ darzustellen.“
Wer das aber ausspricht, wird zum Ketzer des Sanitarismus:
„Gesundheit ist die neue Religion, und Antiraucher sind ihre Spanische Inquisition.“
Im dritten Teil geht es den staatlichen Rauchverboten an den Kragen. Interessantes Detail:
„Jüngst fand ich einen Artikel des Motivationsforschers und Psychologen Ernest Dichter, der feststellt, dass die meisten Menschen sich an den Geschmack des Tabaks gewöhnen müssten, während eigentlich jedermann seinen Geruch möge. Der Artikel stammt aus dem Jahre 1947.“
Die „Belästigung“ für Dritte, mit der gerne gegen das Rauchen argumentiert wird, rührt nämlich größtenteils aus einer anerzogenen Abneigung. Früher waren die Menschen geruchstoleranter, speziell beim Rauchen hat jahrzehntelange Indoktrination aber leider Früchte getragen.
Jackson führt aus, dass Rauchverbote nie aus der Mitte der Gesellschaft gefordert, sondern von ‚oben‘ orchestriert wurden und dass sie zu wirtschaftlichen Einbußen führen. Er kritisiert staatliche Ermunterungen zur Denunziation von Verbotsverstößen als „Stasi- oder KGB-Methoden“ und nimmt ein weiteres Phänomen in den Blick:
„Verbote bringen ein paar zum Aufhören, die meisten von uns machen sie nur sauer und widerspenstig. Natürlich gibt es Raucher, die aufhören wollen und die Rauchverbote in dem Glauben befürworten, sie würden ihnen dabei helfen. Sie werden von den Antirauchern geradezu geliebt und sind in den Medien eindeutig überrepräsentiert. Ich persönlich finde sie ziemlich jämmerlich (weil sie erwarten, dass der Staat ihnen die Entscheidung abnimmt) und egoistisch (weil die Verbote auch Millionen anderer Raucher treffen, die keinerlei Absicht haben, aufzuhören). Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde.“
Im vierten und letzten Teil des Essays werden politische und gesellschaftliche Hintergründe vertieft, darunter die infantilisierende „Null-Risiko“-Kultur. Zum Abschluss schreibt Jackson unter anderem:
„Ich ziehe einigen Trost aus meiner Überzeugung, dass [die Antiraucher] zwar die meisten Schlachten, aber letztendlich nicht den Krieg gewinnen können. Man kann Tabak nicht ‚ent-erfinden‘ oder aus der Welt schaffen; es wird immer viele Menschen geben, die die ihn lieben. Die Gegenbewegung wird kommen, Hoffnungsschimmer sind schon zu sehen.“
Zwischenzeitlich konnten die Antis bedauerlicherweise weitere Schlachterfolge für sich verbuchen und eine Kehrtwende ist noch nicht in Sicht. Aber: Sie sind weit davon entfernt, den Krieg für sich entschieden zu haben. Immerhin: Dass in der Wahlheimat unseres wertvollen Mitstreiters Joe, Berlin, nicht einmal mehr die Grünen ein totales Rauchverbot für die Gastronomie fordern, ist ein nettes Zeichen. Der Kampf lohnt sich – wir sind immer noch da und wir geben nicht auf.
Joe Jacksons Lied über New Yorker Rauchverbot von 2003:
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