Schritt für Schritt
Christoph versucht mich schon eine ganze Weile dazu zu bewegen, etwas für die Seite Smokingbandits zu schreiben, doch wie man es von mir gewohnt ist, habe ich die Sache immer wieder aufgeschoben. Das liegt wohl daran, dass ich meine stetig nachlassenden Energien lieber zum Angriff auf und zur Überwältigung von Antiraucherrhetorik einsetze als zu den bereits Bekehrten zu predigen …
Es gibt durchaus Sträuße, die ich mit einigen Angehörigen der Raucherrechtsbewegung ausfechten könnte – aber dazu ist auch ein anderes Mal noch Zeit. Ein besserer Einstieg wäre es vielleicht, meine Entwicklung zum Verfechter unserer herrlich „schmutzigen“ Angewohnheit zu schildern.
Mit dem Rauchen habe ich im Alter von 13 Jahren angefangen (wenn man diejenigen Kippen ignoriert, die mein Vater mir von seinen Marlboros abgegeben hat, nur um mein Gesicht dabei zu sehen), und sobald ich daheim ausgezogen war, stieg das auf eine Schachtel pro Tag während meines ersten College-Jahres an. Nachdem ich die ersten schwachen, doch unmissverständlichen Schimmer der Sterblichkeit wahrgenommen hatte, entschloss ich mich, dass eine Reduzierung der Menge eine gute Idee wäre – allerdings keine völlige Aufgabe, dazu mochte ich das Rauchen zu sehr. Ich schaffte es, zu einem sehr leichten Raucher zu werden, indem ich zwei oder drei Zigaretten am Tag rauchte, und dabei stolz auf meine Disziplin und Selbstkontrolle war.
In politischer Hinsicht war ich immer linksgerichtet gewesen. Vergessen wir dabei nicht, dass es in früheren Zeiten die Linke gewesen war, die Sex, Drogen und Rock’n’Roll sowie den Spaß überhaupt politisch verkörpert hatte. Ich lehne Krieg, Rassismus und Unterdrückung ab. Ich glaube an wirtschaftliche Rechte und Gleichheit für Minderheiten und die Arbeiterklasse. Und natürlich glaube ich an das Recht der Individuen, mit ihrem Körper und ihrem Leben zu tun, wonach ihnen ist, ohne dabei unangemessenem Staatszwang ausgesetzt zu sein.
Dementsprechend hatte ich auch kein Problem mit Nichtraucherbereichen für die Minderheit, die das Rauchen nicht mochte. Ich sah kein Problem damit, so lange es eben auch einen Raucherbereich gab. Sollte jeder nach seiner Façon selig werden. Eine Zeit lang schien es, als hätte man einen vernünftigen Kompromiss erzielt.
Dies war zu einer Zeit, als man fast noch überall rauchen konnte. Als die ersten Vorschläge aufkamen, in Flugzeugen Nichtraucherzonen einzurichten, hielt ich dies für eine gute Idee. Es gab eben Leute, die den Rauch nicht mochten, und auch sie verdienten Rücksichtnahme, so dass es keinen Grund gab, ihnen einen eigenen Bereich vorzuenthalten. Schließlich konnte man ja überall sonst noch rauchen. Und, wenn diejenigen, die das Rauchen nicht mochten, ihr eigenes Refugium hatten, würden sie eher geneigt sein, den Rest von uns in Frieden zu lassen.
Angesichts zunehmender Rufe nach einer Ausweitung der Nichtraucherzonen blieb ich gelassen. Ich sah (und sehe auch heute noch) kein Problem darin, zum Rauchen in einen anderen Raum gehen zu müssen. Der Wendepunkt kam Mitte der Achtziger Jahre: Unser örtliches Nahverkehrszugsnetz, die Long-Island-Eisenbahn, hatte je einen von fünf Wagen als Raucherwagen vorgesehen. Eine klare Mehrheit der Sitze befand sich im Nichtraucherbereich – worüber konnte man sich also beklagen?
Und vielleicht waren die meisten Nichtraucher ja auch zufrieden mit dieser Lösung, doch eine lautstarke Minderheit jammerte, dass 80 Prozent einfach nicht genug seien. Sie zitierten ein Bundesgesetz, nach dem öffentliche Verkehrsmittel ausschließlich „rauchfrei“ zu sein hätten, und bestanden darauf, dass es nicht einen einzigen Raucherwagen geben dürfe.
Das konnte ich einfach nicht begreifen: Sie hatten den Löwenanteil des Raumes und die Wagen waren voneinander abgetrennt. Und all dies fand statt, bevor das „Passivrauchen“ zum Schlagwort wurde, so dass sie nicht einmal behaupten konnten, die Raucher „brächten die Schaffner um“.
Allerdings hielt ich das Rauchen angesichts all der richtig großen Probleme für eine verhältnismäßig triviale Frage. Natürlich ist es irgendwie gesundheitsschädlich, und die Tabakkonzerne SIND gierige, lügnerische Kapitalisten (wie alle großen Firmen, ganz gleich was sie auch immer produzieren). Ich muss zugeben, dass ich nur ein ganz leichtes Pieksen der Ungerechtigkeit empfand, als mein Arbeitgeber ankündigte, dass meine Kollegen „aus versicherungstechnischen Gründen“ künftig zum Rauchen das Gebäude verlassen müssten. Sehen Sie: Ich rauchte eben nicht auf der Arbeit. Nur wenn ich Trinken war, und vielleicht noch eine vor dem Schlafengehen. Mir wurde gar nicht bewusst, dass meinen Kollegen ihre Raucherpausen ebenso viel bedeuteten, wie mir die Zigarette zum Bierchen. Und eigentlich dachte ich auch, dass man die Bars, Billardsalons und anderen Lasterhöhlen uns Rauchern überlassen würde, weil es einfach unmöglich war, einen solch großen Teil der Bevölkerung zu Personae non gratae zu erklären, und sie wie Parias zu behandeln.
Oder doch nicht? Nachdem es einmal akzeptabel geworden war, einzelne Raucher ins Freie zu verbannen, wurde es zum feuchten Traum der Antiraucher, uns allesamt hinauszuwerfen.
Es fing in Kalifornien an, wo einige „progressive“ Kommunen damit begannen, um sodann nach einem Verbot auf Bundesstaatsebene zu drängen. Finanziert durch das Master Settlement Agreement sowie durch Pharmakonzerne war die „Bewegung“ bald dazu in der Lage, sich in andere Bundesstaaten auszubreiten, darunter meinen eigenen. Nur eine Woche nachdem Michael Bloomberg den Leuten in der Stadt New York sein Verbot in den Rachen gestopft hatte, wurde auch im Bundesstaat New York ein umfassendes Rauchverbot mit links durch das Staatsparlament gebracht, sodass nur noch eine Handvoll raucherfreundlicher Betriebe übrig blieben.
Zu diesem Zeitpunkt war mir klar, dass man, sobald man die Raucher erst einmal nach draußen verbannt hatte, damit anfangen würde, sich über das Rauchen im Freien zu beklagen. Wie jedem mittlerweile klar sein dürfte, ist es das Ziel der Antiraucher, die Raucherbereiche bis zu dem Punkt einzuschränken, an dem es zum Rauchen NIRGENDS mehr einen Platz gibt. Sie werden uns niemals in Frieden lassen. Und so unrealistisch es erscheinen mag: Sie wollen es so einrichten, dass wir hinter verschlossenen Türen oder versteckt im Keller rauchen müssen.
Und so bin auch ich ein lautstarker Anhänger der Raucherrechte geworden. Gefühlsmäßig ist dies immer noch eine nachrangige Frage für mich (oder sollte es wenigstens sein), doch sehe ich keinen Grund, warum ich und andere Raucher
nicht auch in der Öffentlichkeit unseren Spaß haben sollten. Dies hat mich durchaus Glaubwürdigkeit bei einigen in meinem linken Umfeld gekostet, die mich jetzt als „Libertären” bezeichnen. Die Libertären allerdings bezeichnen mich als Linken, weil ich auch ihre Glaubensgrundsätze nicht alle teile.