Antiraucher sind ihre eigenen schlimmsten Feinde
Es war ein Antiraucher-Arzt, der mich zuerst dazu überredet hat, mit dem Rauchen anzufangen. Bis dahin war ich nicht im Geringsten daran interessiert.
Es geschah wie folgt: Mit 17 Jahren habe ich für ein paar Monate bei einer englischen Familie gewohnt, während meine Eltern in Brasilien blieben. Und nicht lange nach meiner Ankunft wurde ich Zeuge eines ziemlich schockierenden Ereignisses: Der Vater des Hauses hatte seinen ziemlich eigensinnigen ältesten Sohn beim Rauchen erwischt und fing an, ihn aus vollem Hals ein ganze Zeit lang anzuschreien. So sehr, dass ich mich in erheblicher Bestürzung in mein Zimmer zurückziehen wollte. Auf dem Weg zu meinem Zimmer kam ich an dem Vater vorbei, der sich immer noch schreiend, nun allein in seinem Hauseingang befand, da sein Sohn geflohen war. Und er schrie, dass das Rauchen eine „SCHMUTZIGE, SCHMUTZIGE, SCHMUTZIGE” Angewohnheit sei.
Später wurde über diesen Vorfall nicht mehr geredet. Alle machten weiter, als wäre nichts geschehen. Aber ich war sehr schockiert über den Ausbruch des Vaters. Mein eigener Vater, der sein ganzes Leben lang geraucht hatte, erhob nie seine Stimme. Geschrien hat er jedenfalls nie.
Ich habe damals viel darüber nachgedacht. Ich wusste, dass der Vater Arzt war und sowohl in der BMA als auch in der WHO aktiv war. Ich hatte viele maßgebliche Artikel in Zeitungen und Zeitschriften wie dem Reader’s Digest darüber gelesen, wie Rauchen Lungenkrebs verursacht. Aber das war das erste Mal, dass ich jemals einen Antiraucher-Arzt persönlich gegenüber gestanden habe. Überhaupt war es das erste Mal, dass ich auf einen Antiraucher getroffen war, denn damals, 1965, haben viele Leute geraucht und nie hat jemand dagegen Einwände erhoben.
Und wenn ich an den Vater dachte, fragte ich mich, warum, wenn die Wissenschaft so gut war, er seinen Sohn nicht einfach zur Seite genommen und ihm ruhig und geduldig erklärt hätte, was die Forschung herausgefunden hatte. Er hätte ihm vielleicht ein oder zwei Artikel von Richard Doll und Bradford Hill, die mehrere Jahre zuvor veröffentlicht worden waren, zeigen können. Sein Sohn war kein Depp und hätte es verstanden. Warum war er stattdessen in Wut ausgebrochen und hatte sich in eine lange Tirade gestürzt? Eine Tirade, die so lange war, bis er schließlich alleine dastand und in einen leeren Raum hineinschrie?
Alles, woran ich mich bei dem Geschrei erinnern kann, vielleicht weil er es gerade geschrien hatte, als ich an ihm vorbeiging, waren die Worte „Schmutzig. Schmutzig. Schmutzig.” Und allmählich wurde mir klar, dass die Ablehnung des Rauchens bei diesem Arzt absolut nichts mit den gesundheitlichen Risiken des Rauchens zu tun hatte. Sein Einwand war ein moralischer oder ein ästhetischer: Es war eine schmutzig Angewohnheit. Vielleicht hielt er sie für schmutzig, weil der Zigarettenrauch die Luft mit Rauch erfüllte, oder die Finger braun färbte, oder an Wänden klebte. Ich habe es nie herausgefunden und ich habe ihn nie gefragt. Ich hatte nach diesem Vorfall immer Angst vor ihm.
Er war auch in anderer Hinsicht ein seltsamer Mensch. Er konnte nicht lächeln. Ich habe nie ein echtes Lächeln auf seinen Lippen gesehen, obwohl er wusste, wann er lächeln oder lachen sollte. Dann würde er die Mundwinkel anspannen, um ein Lächeln oder Lachen zu simulieren. Und er schien überhaupt nichts zu genießen. Wenn er von seinem Job als Bezirksgesundheitsbeamter nach Hause kam, ging er bei jedem Wetter direkt in den Garten, um sich um seinem Kohl und seine Hühner zu kümmern. Erst bei Einbruch der Dunkelheit betrat er wieder das Haus. Ich habe ihn fernsehen gesehen, obwohl seine Familie das tat. Ich habe ihn auch nie eine Zeitung oder ein Buch lesen gesehen. Oder gar einen Sherry oder ein Glas Wein genießen. Er war ein sehr seltsamer Mensch, und ich dachte, dass sich irgendwann in seiner Vergangenheit ein schreckliches, traumatisches Erlebnis ereignet haben musste, das ihn emotional verkrüppelt hatte.
Aber er war ein anständiger Mann. Er hat sieben Kinder großgezogen, und sie waren alle reizend. Und er ernährte und kleidete sie und bildete sie alle aus. Und er hat mich nie auch mit einer Silbe zurechtgewiesen.
Ungefähr ein Jahr nach diesem schockierenden Vorfall, als ich mein Universitätsstudium begann, kam ich zu der Schlussfolgerung, dass Antiraucher wie er keine wirklich vernünftigen Menschen waren. Sondern vielmehr Personen, die einen tiefen und irrationalen Hass auf das Rauchen pflegen, aus Gründen, die überhaupt nichts mit Gesundheit zu tun hatten (sofern von einer echten Begründung überhaupt die Rede sein konnte). Und ihre Forschung wurde sehr wahrscheinlich von ihrem irrationalen Hass angetrieben, und sie zogen daraus den vorgefassten Schluss, dass Rauchen schädlich sei, weil sie davon ausgehen, dass Rauchen schädlich ist.
Und somit habe ich aufgehört mir Gedanken darüber zu machen, ob Rauchen Lungenkrebs oder sonst etwas verursachen könnte. Ich hatte gesehen, wie die Antiraucher-Ärzte wirklich waren. Und ich hatte sie durchschaut.
Daher ging ich – kurz nach dem Vorfall – eines Tages hinaus und kaufte mir meine allererste Schachtel Zigaretten. Ich brauchte ungefähr zwei Wochen, um sie zu rauchen. Aber ich war entschlossen, mit dem Rauchen anzufangen, weil ich meinen eigenen Vater nicht als einen „schmutzigen” Raucher betrachten wollte. Das Rauchen zu beginnen, war ein Akt der Solidarität mit meinem Vater, meinem Großvater und meinem Onkel, einem Spitfire-Piloten. Ich habe mich ganz bewusst auf ihre Seite gestellt.
Und so fing ich an zu rauchen.
Der Antiraucher-Arzt (der im gleichen Alter wie mein Vater starb) war sein eigener schlimmster Feind. Sein Ausbruch hatte bei mir den entgegengesetzten Effekt. Aber ohne diesen Vulkanausbruch hätte ich wahrscheinlich nie mit dem Rauchen angefangen. Stattdessen brachte dieser mich dazu, mit dem Rauchen anzufangen und allen Antiraucher-Ärzten mit tiefsten Misstrauen zu begegnen. Der Anstoß, den er mir gegeben hat, wirkt bis heute: Deshalb schreibe ich meinen Blog, in dem ich über das Rauchverbot spreche. Sollte der Arzt tatsächlich in seiner Jugend ein traumatisches Ereignis erlitten haben, so verpasste er mir wiederum mein eigenes schockierendes, traumatisches Erlebnis (allerdings nicht so traumatisch, dass es mich davon abgehalten vom Lachen oder Genießen abgehalten hätte). Es ist ein Erlebnis, das ich nie vergessen habe.
Über den Autor Frank Davis
Beitragsbild: pixabay